Einen Reisebericht mit einem Zitat einer berühmten Persönlichkeit einzuleiten, gewinnt möglicherweise keinen Blumentopf für die größtmögliche Kreativität als Einstieg und zur Aufmerksamkeitserregung. Funktioniert aber oft, zumal schon darin manchmal ein Gefühl geäußert wird, was im nachfolgenden Langtext vermittelt werden soll. „Reisen ist die Sehnsucht nach dem Leben“, soll der Schriftsteller und Publizist Kurt Tucholsky (1890–1935) dereinst kundgetan haben. Und von all den Zitaten rund um das Thema Reise, die Suchmaschinen aller Geschmacksrichtungen so ausspucken, ist dies wohl eines, mit dem meine Reisepartnerin in Crime, Nicole, und ich uns sehr gut identifizieren können.
Wie Ihr durch vorangegangene Artikel (ich denke da an die Teilnahme am ULTRA-WALK in Magdeburg, den Nachtmammut in Hamburg oder unsere Wanderungen durch den Harz) sicher schon mitbekommen habt, gehört die Bewegung auf zwei Beinen zu den Dingen, denen wir gerne und oft nachgehen. Gewiss auch, um einer anderen Leidenschaft frönen zu können: dem Essen. Entweder zu Hause mit selbst gemachten Schmackofatzien oder auswärts. Und diese Dinge lassen sich doch auch wunderbar in einem Urlaub, einem sogenannten, in Einklang bringen, oder? Das dachten wir uns nämlich auch und nutzten eine kurze Woche in den Herbstferien, um uns etwas von der Welt anzuschauen. Uns unserer Sehnsucht nach dem Leben, dem guten noch dazu, hinzugeben.
Das war der Plan: Von Magdeburg aus nach Leipzig, dort den Urlaub mit einem Konzert von UMME BLOCK zu beginnen (was wir dort erlebten, lest Ihr in dem entsprechenden, hier verlinkten Artikel), eine Übernachtung und dann weiter nach Dresden. Nur, um dort dann weiterzufahren nach Prag, diese Stadt zu bestaunen und, als letztes Ziel dieser kleinen Rallye, weiter bis nach Wien zu gurken. Der Clou: Wir wollten dieses Mal ausschließlich auf öffentliche Verkehrsmittel setzen. Das heißt: Bimmelbahn und Flixbus. Es folgen ein paar Eindrücke dieser wunderbaren Woche.
Tag 1: Leipzig, 16.10.2025
Der Grund für den Abstecher nach Leipzig war gar nicht die Stadt selbst, sondern das obig erwähnte Konzert der ganz tollen Band UMME BLOCK. Da Nicole und ich Leipzig jeweils schon von früheren Besuchen her kannten, sind wir hier auch nicht groß durch die Gegend getingelt, sondern mehr oder weniger direkt zu unserem Hotel getrabt, um unser Marschgepäck abzulegen und zur Moritzbastei aufzubrechen.

Wir starteten am frühen Nachmittag in Magdeburg und fuhren mit einer Regionalbahn bis Leipzig. Das funktionierte tendenziell ganz gut, einzig: Eine Toilette an Bord war wegen kaputt geschlossen, die anderen aufgrund des überfüllten Zuges nicht erreichbar. Nicht zum letzten Mal auf dieser Reise dachte ich mir, dass die Taler, die für die schnieke Image-Kampagne mit Anke Engelke aufgebracht wurden, an anderer Stelle bei diesem Verein sicher besser investiert gewesen wären. Immerhin: Die Bahn kam, und das auch noch relativ pünktlich, und dass man das so hervorheben muss, spricht eigentlich nicht für dieses Verkehrsmittel, das dank des Deutschlandtickets eigentlich eine prima Alternative sein könnte. Wenn auch die Preise für dieses Ticket immer weiter steigen.

Unsere Unterkunft in Leipzig war ein einfaches, aber ordentliches und sauberes Zimmer in einem A & O Hostel. Erwartet hier keinen großen Schnickschnack, aber um mal aus Gründen eines Konzerts oder Städtetrips für die Nacht ein Dach über dem Koppe zu haben, mehr als ausreichend. Zudem mit nur knapp zwei Minuten Gehweg vom bzw. zum Bahnhof auch hervorragend gelegen. Ein Frühstück hatten wir nicht gebucht. Unser Plan sah vor, am Folgetag am Bahnhof fündig zu werden, und so kam es dann auch.
Tag 2: Dresden → Prag, 17.10.2025
Wir entschieden uns, einen vergleichsweise frühen Zug zu nehmen, und saßen bereits um 9 Uhr im Zug nach Dresden. Von dort aus sollte es am frühen Nachmittag weitergehen nach Prag. Dieses zeitliche GAP wollten wir damit füllen, uns Dresden ein wenig anzuschauen. Jedenfalls soweit es die rund drei Stunden, die uns dafür zur Verfügung standen, zuließen. Nicole hatte irgendwann früher in ihrem Leben in Dresden gewohnt und konnte uns daher flinken Fußes zu ein paar touristischen Hotspots navigieren.

Vielleicht ahnt Ihr es schon: Jau, die Bahn war wieder pünktlich. Und, jau, auch hier war das Klo wieder defekt. Der freundliche, durchaus bemitleidenswerte Zugbegleiter erklärte uns, dass das Kackolatorium im anderen Zugteil noch funktioniere und man ja bei Station XYZ (Namen hab’ ich schon wieder vergessen) wegen des zehnminütigen Aufenthalts ja schnell mal hinüberhuschen könne. Ich weiß das Bemühen des Kollegen sehr zu schätzen, aber: Euer Ernst, liebe Deutsche Bahn? Für Verspätungen habe ich Verständnis und auch dafür, dass Züge ausfallen. Auch, wenn man inzwischen weiß, dass das gerne mal dazu dient, die Verspätungsstatistiken zu schönen. Eine Notdurft zu verrichten, das muss aber jederzeit und immer möglich sein! Hier sehe ich eine der größten Baustellen der Bahn.

Na, wie dem auch sei, erneut halbwegs pünktlich erreichten wir den Dresdener Hauptbahnhof. Dort verstauten wir unser Sack und Pack in einem der Schließfächer und machten uns auf den ersten, ausgedehnten Spaziergang dieser Reise. Und natürlich klapperten wir dabei ein paar der wohl wichtigsten Sehenswürdigkeiten ab, vom Zwinger bis zur Frauenkirche. Und was soll ich Euch sagen, Dresden ist eine wirklich wunderschöne Stadt. Gerade mittenmang der historischen Bauten überkommt einen gerne mal das Gefühl dafür und eine Vorstellung davon, wie das Damals™ so gewesen sein muss, als die Herrschaftszeiten in ihren schicken Gewändern über das Grün des Zwingers flanierten. Vielleicht nicht unbedingt gewaschen, dafür aber mit auftoupierten Haaren und ganz viel Parfüm.

Irgendwann machte sich auch das erste Hüngerchen nach einem Aperölchen und vielleicht einem kleinen Snack bemerkbar. Knabberkram hatten wir eigentlich anbei, aber wenn man schon mal vor Ort ist, kann man ja mal ein lokales Gewerbe aufsuchen, wa? Was wir das erste Mal, aber nicht zum letzten Mal im Verlaufe dieser Reise lernten: Es lohnt sich manchmal, noch einen Schritt mehr zu tun und mal um die Ecke zu linsen. Nicht gleich das erstbeste Lokal aufzusuchen, sondern prüfen: Ist da vielleicht noch etwas anderes, das lockt? Was wir pauschal ausgeschlossen hatten, waren die üblichen Restaurants der üblichen Systemgastronomieketten, die du einfach in jeder Stadt findest. McDonald’s, die L’Osteria, Subway usw. usf. stand alles auf unserer Roten Liste.

Stattdessen landeten wir im Nobody Terence Hill. Wie Ihr ganz richtig vermutet, handelt es sich hierbei um ein kleines, aber feines Restaurant, das dem Leben und Wirken des Schauspielers gewidmet ist. Mit amtlichem Segen vom Meister. Dementsprechend ist der Laden gestaltet, dementsprechend finden sich diverse Memorabilia aus seinen Filmen, viele Fotos, natürlich auch diverser Merchandise-Plunder. Vor allem aber ist es gemäß der Ernährungsgewohnheiten von Terence Hill ein vegetarisches Restaurant. Und ja, es gibt auch Bohnen. Wir entschieden uns aber aufgrund der fortgeschrittenen Zeit dagegen, hier etwas zu essen, und verköstigten lediglich ein Gläschen Aperol für Nicole sowie ein Gläschen Whisky für mich. Beides ganz vorzüglich, vor allem der irische Whisky mit Terence-Hill-Aufdruck und dem sehr rauchigen bzw. torfigen Aroma hat uns gut gefallen. Überhaupt ist dieser ganze Laden ein Pflichtbesuch für alle, die mit den Filmen von Terence Hill & Bud Spencer groß geworden sind. Hier wurde mit so viel Herzblut und Hingabe an die Sache herangegangen, dass man gar nicht anders kann, als davon bezuckert zu sein.

Innerlich wie äußerlich erwärmt machten wir uns anschließend auf zur Bushaltestelle. Der nächste Teil dieser Reise sollte uns nach Prag führen und diesen Abschnitt wollten wir mit dem Flixbus bestreiten. Im Vergleich zur Bahn die deutlich günstigere Alternative. Wie sich herausstellen sollte, auch die schönere und entspanntere. Nicole hatte nämlich Sitzplätze im oberen Bereich des Busses gebucht. Ganz vorn. Panoramablick inklusive, quasi. Und dort verbrachten wir eine sehr entspannte Anreise und bestaunten die wunderbare Herbstlandschaft, die in leuchtenden Farben links und rechts der Fahrbahn an uns vorbeizog.

Prag erreichten wir am späten Nachmittag. Das Wetter war eher mäßig. Einigermaßen frisch, und immer wieder tröpfelte es vom Himmel. Mit Sack und Pack hatten wir den nächsten Spaziergang vor uns. Wir stiegen in Prag Florenc aus und tigerten dann mittenmang der teilweise sehr sehenswerten Altbauten in Richtung Moldau. Denn in diesem Fluss, in Bedřich Smetanas Werk gleichen Namens verewigt, lag unser Hotel.

Richtig gelesen. Nicole hatte, Füchsin, die sie nun mal ist, ein sogenanntes Botel ausfindig gemacht. Ein umgebautes Schiff – unklar, was das früher einmal für ein Kutter gewesen sein mag –, das fest vertaut am Ufer der Moldau lag und als Hotel fungierte. Wunderbar nostalgischer Seemannscharme inklusive. Genau die richtige Unterkunft für einen ollen Shipster wie mich.

Dem freundlichen und sehr hilfsbereiten Mitarbeiter an der Rezeption war es zu verdanken, dass wir das zunächst zugeteilte Zimmer noch einmal tauschen konnten. Der Natur eines Schiffes mit Außenkabinen entsprechend, hat jedes Zimmer ein Fenster. Kein Bullauge mehr, sondern schon „herkömmliche“ Verglasung. Nur: Wenn die zum Ufer hin gelegen sind, hat man wenig Freude damit. Denn der Blick ginge dann nicht auf die schöne Moldau, sondern auf die Reifen der vor dem Botel Admiral, so der Name der Unterkunft, geparkten Autos. Wem das egal ist, bitte sehr, wir wollten morgens zum Aufwachen aber gerne auf den eindrucksvollen Fluss linsen und dieser Wunsch wurde uns gewährt. Mega!

Zum Zimmer sind noch ein paar Dinge zu sagen. Es ist vergleichsweise klein. Also wirklich jetzt. Neben einem ausreichend großen Bad mit Dusche gesellt sich ein kleiner Vorraum mit Kleiderschrank. Der eigentliche Aufenthaltsraum wird nahezu komplett ausgefüllt von einem Bett. Das heißt: Wer seinen Aufenthalt vom schönen Wetter abhängig macht und keinen Plan B für Schietwedder hat, bekommt in dieser Kajüte möglicherweise Lagerkoller. Wir aber hatten einen Plan B und waren tatsächlich nur zum Schlafen „an Bord“, den Rest der Zeit draußen auf den Beinen in Prag unterwegs. Und im Gegensatz zum Anreisetag zeigte sich die Stadt (auch) bezüglich des Wetters von der schönsten Seite.

Eines der Highlights des Aufenthalts in Prag war zweifelsohne unser Abendessen im U Fleků. Der eigenen Beschreibung nach „eine der ältesten, größten und berühmtesten Brauereien nicht nur in Prag, sondern in ganz Böhmen. Wir sind ein Wallfahrtsort für Biertrinker und ein beliebter Ort für alle Fans der traditionellen tschechischen Küche.“ Spätestens mit dem Schlagwort Wallfahrtsort für Biertrinker hatten sie uns eigentlich schon.

Wie so ziemlich alle Gaststätten, die wir in Prag aufsuchten, war auch das U Fleků sehr gut besucht (um nicht zu sagen: proppevoll!), laut, trubelig, gesellig, urig und einfach sehr charmant. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass man, sofern keine Reservierung vorhanden ist, zu anderen Gästen an den Tisch gesetzt wird. Macht gar nüscht, erhöht nur die Möglichkeit, mit anderen in Kontakt zu kommen. Immer wieder schwirrten Kellner durch die kleinen Räume, Tabletts mit Bierkrügen oder Schnapsgläsern auf den Schultern tragend, und stellten diese auf Zuruf vor die durstigen Kehlen. Die Hausmarke des U Fleků kann man durchaus gut trinken, sag’ ich mal so. Während unseres Aufenthalts schawenzelte ein sehr alter Mann mit Schifferklavier durch die Stube und gab lokales Liedgut zum Besten. Schnaps, Bier und Gesang – Ihr könnt Euch die entspannte Atmosphäre an jenem Abend sicher vorstellen.

Auch kulinarisch wurden wir sehr verwöhnt. Auf unserem Speiseplan standen Prager Schinken mit Brot, Butter und Gürkchen, mährischer Spatz und das traditionelle Gulasch des Hauses. Gut gesättigt rollten wir anschließend zu unserem Hausboot zurück.

Tag 3/4: Prag, 18./19.10.2025
Damit das hier nicht den Umfang des Telefonbuches von Wanne-Eickel bekommt und wir schlicht und ergreifend in diesen beiden Tagen einfach zu viel gesehen haben, picke ich nachfolgend ein paar Highlights raus.

Vor allem und ganz besonders ist der erste Morgen zu nennen. Wir klappten die Augen auf, warfen einen Blick aus dem Fenster, und... sahen nichts. Na gut, nahezu nichts. Richtig dichter Nebel stieg von der Moldau auf und ergab zusammen mit der Sonne, die gerade im Begriff war, sich über die Hausfassaden zu schieben, für eine unfassbar schöne Aussicht! Allein schon dafür hat sich dieser Trip gelohnt. Sieht man nicht alle Tage, zumal sich die Kabine (aka das Zimmer) wenigstens zur Hälfte unterhalb der Wasseroberfläche befand.

Dass man in Prag ganz hervorragend schlemmen kann, gerne in Kombination mit einem leckeren Bier dabei, hat sich möglicherweise schon aus dem vorangegangenen Abschnitt erschlossen. Neben dem U Fleků sollen auch weitere Speisegaststätten nicht unerwähnt bleiben: das U Pivrnce, im Altstädter Ring gelegen, sowie das A La Petite Eiffel, direkt neben dem Petřín Turm im gleichnamigen Park gelegen.

Highlights des U Pivrnce unter anderem: Der Raum im Keller, über und über mit Filzstift-Graffiti übersät sowie mit Karikaturen des tschechischen Künstlers Petr Urban. Die Werke dieses Mannes verzieren auch das Treppenhaus zwischen der oberen Etage und dem Kellergeschoss. Das Ambiente dieses Ladens ist einfach mega, man kann es anders nicht nennen! Und auch hier sind wir im Prinzip nur fündig geworden, weil wir den Weg um die Ecke genommen haben. Das auch nur, weil wir den Baumstriezel, den wir auf einem Marktstand kaufen wollten, entgegen der Beschilderung eben doch nicht mit der Karte zahlen konnten. Im Gegensatz zu Wien, wo uns immerzu ein „Cash only!“-Schild anbrüllte, eine seltene Ausnahme in Prag. Neben dem leckeren Bier probiert bitte unbedingt die Kartoffelchips mit der Knoblauchsoße (lies: Aioli). Eigentlich eine Vorspeise, aber so lecker, dass man sich reinsetzen könnte, und reicht vom Umfang eigentlich auch schon, um satt zu werden.

Das A La Petite Eiffel, oder besser: Der Eingang zu diesem, kann leicht übersehen werden. Dieser befindet sich neben dem erwähnten Petřín Turm, man läuft aber leicht dran vorbei. Zumal sich in Tateinheit mit jenem Türmsche ebenfalls ein Restaurant mit Außer-Haus-Verkauf befindet, in das die allermeisten Touristen, die den Turm besichtigen, automatisch einkehren. Das allerdings wirkte auf uns in etwa so charmant, wie eine Bahnhofsgaststätte zu Mitropa-Zeiten. Jedenfalls nicht einladend genug, als dass wir dort verweilen und unserer Tätigkeit im Daydrinking Support Team nachkommen wollten. Das Restaurant, das wir stattdessen fanden, war ungleich mehr fancy. Schick, modern, ein Ort zum Verweilen einfach. Und auch hier gilt unsere Empfehlung einer Mahlzeit, die im Prinzip nur als Vorspeise gedacht ist: Pommes, gebadet in haufenweise geschmolzenem Cheddar, und dazu gebackener Bacon. Das war so unfassbar gut und lecker, wir hätten uns reinsetzen können. Essen wie Gott in Frankreich, heißt es ja immer, aber der gute Mann könnte ruhig auch mal die Schmackofatzien in Prag probieren.

Neben der kulinarischen Entdeckungsreise waren wir jeden Tag gut und gerne 12 Stunden auf den Beinen und passierten dabei die touristischen Hotspots, die man im Prager Stadtkern eben so mitnimmt, wenn man mal da ist. Will sagen: Die Karlsbrücke konnten wir genauso als „gesehen“ abhaken wie die Prager Burg oder ausgedehntes Flanieren entlang der Moldau. Es bleibt dabei: Die tschechische Hauptstadt ist ein Blickfang, vor allem in den Abend- und Nachtstunden, wenn das massive Gemäuer der Prager Burg goldglänzend über der nächtlichen Szenerie thront und den Blick aus so ziemlich jedem Winkel auf sich zieht. Viele kleine, feine Lädchen bestimmen das Stadtbild, aber auch wahnsinnig viele Buden voller Touri-Nippes und mindestens genauso viele Lädchen, in denen man Absinth, Gras oder beides kaufen konnte. Trotzdem – oder vielleicht auch gerade deshalb – verströmte die Stadt einen Charme, dem zumindest wir uns nicht widersetzen konnten. Prag hat einfach was.

Dass wir außerdem noch in eine Signal Festival genannte Kunstinstallation aus Musik, Videos und Licht gestolpert sind, die an mehreren Orten zur gleichen Zeit präsentiert wurde, war ein willkommener und eindrucksvoller Bonus obendrauf. So wie auch die Tatsache, mehrmals durch Filmkulissen gelatscht zu sein. Offenbar drehte man gerade einen Historienschinken; eine Straße nahe der Moldau wurde eines Abends auf alt getrimmt, am folgenden Morgen beobachteten wir an gleicher Stelle Darsteller in historischen Gewändern sowie Pferdekutschen. Hat man auch nicht alle Tage.

Tag 5: Prag → Wien, 20.10.2025
Noch einmal ein leckeres Frühstück an Bord dieses Hotelschiffes und dann ab nach Wien! Das war der Plan und so geschah es auch. Nachdem wir gut gesättigt ausgecheckt hatten, schnappten wir uns unsere sieben Sachen und machten uns auf den Weg zum Busbahnhof. Wir hatten kurz mit dem Gedanken gespielt, eine Tram zu besteigen und uns das Geschleppe zu ersparen. Da sich Prag aber mit einem wunderbar frischen und sonnigen Wetter verabschiedete – ganz anders also als am Anreisetag –, entschieden wir uns, auch den Rückweg zu Fuß zu absolvieren. Schönes Wetter übertrumpft Geschleppe.
Viel mehr gibt es über diesen Reisetag auch nicht zu erzählen. Wir hatten abermals einen Premiumplatz an vorderster Front im oberen Bereich des Busses und hatten uns für die Fahrt abermals mit etwas Proviant eingedeckt. Döschen und tschechisches Bier inklusive. Aus mir natürlich völlig unbekannten Gründen verbrachten wir einen nicht unwesentlichen Teil der Fahrt jedoch damit, den Blick nach innen zu richten, anstatt auf die vorbeiziehende Landschaft.

Die Einfahrt nach Wien bekamen wir jedoch sehr wohl mit. Und diese Skyline mit ihren enorm großen und massiven Wolkenkratzern am Ufer der Donau ist zweifelsohne eindrucksvoll. Und gleichzeitig eine watschende Ohrfeige, wenn die Assoziationen, die man an Wien hat, aus romantisiertem Sissi-Kitsch, Wiener Kaffeehaus-Kultur und Pferdekutschen bestehen. Bei der Einfahrt aus Richtung Prag kommend präsentiert sich Wien als hochmoderne Großstadt. Groß und eindrucksvoll, so wie auch laut, verstopft und überlaufen. Und dann sind da ja auch noch die unzähligen Influencer, die nach Aufmerksamkeit auf Social Media hecheln. Da kann man schon mal ins Grübeln kommen, ob einem das gefällt.

Den Weg zu unserer via AirBNB gebuchten Unterkunft erreichten wir nach Anlandung in Wien in knapp einer halben Stunde. Es handelte sich um ein kleines Appartement in ruhiger Lage, das offenbar für Workation-Reisende gedacht ist. Eine Küchenzeile mit Kochmöglichkeit gab es dort sowie auch eine Waschmaschine, ein sehr geräumiges Bett und einen großzügigen Esstisch, der auch zum Arbeiten genutzt werden konnte, wenn gleich der Tisch entweder zu hoch oder aber die Sitzgelegenheiten eine Spur zu niedrig waren. Und das Zimmer verfügte über ein Whiteboard und einigermaßen flottes WLAN. Wer zwecks Workation nach Wien gondeln möchte, dem sei diese schick und modern eingerichtete Unterkunft ans Herz gelegt. Zumal preislich in Ordnung und die Absprachen mit den Anbietern problemlos funktionierten.

Wir wuschen eine Maschine Wäsche, als Abendessen diente uns eine Portion Spaghetti mit grünem Pesto, und dann ging es noch einmal eine kleine Runde raus zur ersten Erkundungstour durch die Stadt. Eine Tour, die uns tatsächlich noch bis in den Prater und bis vor das weltberühmte Riesenrad führte. Und hätte man nicht 14,50 Euro selbst zu so fortgeschrittener Stunde (es war immerhin schon nach 21 Uhr, als wir das Riesenrad erreichten) für einmal im Kreis drehen entrichten müssen, wir hätten sicher noch eine Runde gedreht. So aber bestaunten wir das Teil nur von außen, erfreuten uns an der schicken Beleuchtung, drehten eine Runde durch einen Souveniershop und traten dann den Rückweg an. Wie so ziemlich jeder Tag in diesem Urlaub war auch das ein langer, und die Müdigkeit stand uns irgendwann ins Gesicht geschrieben.

Was uns aber nicht daran hinderte, den Rückweg so zu planen, dass wir noch einen nächtlichen Blick auf das Hundertwasserhaus sowie das Hundertwasser Village werfen konnten. Auch im fahlen Lichtschein der Straßenlaternen sehenswert, gar keine Frage. Zwar hat uns Friedensreich Hundertwasser Regentag Dunkelbunt (1928–2000), Kind der Stadt Wien, auch in Magdeburg eines seiner spektakulären Gebäude ins Stadtbild gezimmert. Dennoch: Man kann wohl keinen Besuch in der Stadt an der Donau verleben, ohne wenigstens einen flüchtigen Blick auf die OG’s zu werfen. Vor allem und ganz besonders dann nicht, wenn man wie wir gerne fancy Fassaden beäugt.

Tag 6/7: Wien, 21./22.10.2025
Auch hier versuche ich mich auf ein paar Highlights dieser Stippvisite zu beschränken. Gerade den ersten vollen Tag unseres Besuchs in der österreichischen Hauptstadt verbrachten wir erneut komplett auf den Beinen und ich bin mir gerade nicht sicher, ob 12 Stunden außer Haus hier ausreichen. Dass wir dabei an so ziemlich allem vorbeigekommen sind, was in Wien wenigstens von außen sehenswert ist, versteht sich wohl von selbst.

Schloss Belvedere, Schloss Schönbrunn, die Hofburg, den Naschmarkt, die Spanische Hofreitschule und so weiter und so fort. Abends googelten wir nach Sehenswürdigkeiten in Vienna und hätten im Prinzip mit einem Edding auf unserem iPad herumschmieren können. Häkchen setzen, quasi. Für gesehen, gesehen und: auch gesehen.

Fest stand für uns: Irgendeine Wiener Spezialität musste auch hier auf den Speiseplan, und was lag da näher als ein ordentliches Wiener Schnitzel? Na eben. Nach eingehender Recherche entschieden wir uns für das Figlmüller, der eigenen Beschreibung nach seit 1905 die Heimat des originalen Wiener Schnitzels. Wir waren bis dato davon ausgegangen, dies bestünde eigentlich aus Muhkuh und nicht aus Ferkeleien, aber gut: Figlmüllers Schnitzel ist ein schweinisches, und wenn die das seit anno dazumal so machen, dann ist das so. Laut Kalender hätten wir frühestens im November einen Tisch reservieren können, versuchten aber dennoch bei unserem ausgedehnten Spaziergang unser Glück. Merke: Figlmüllers gibt es derer mindestens zwei in der Stadt, der OG befindet sich in der Wollzeile 5. Und, oh Wunder!, dort konnten wir direkt auch einen Tisch für denselben Tag um 19 Uhr reservieren. Buchstäblich im Vorbeigehen. Man muss auch mal Glück haben! Und was soll ich Euch sagen … dieses Schnitzel war vielleicht nicht günstig, aber unfassbar zart und lecker und mega gut!

Dazu teilten wir uns einen Erdapfelsalat, der ebenfalls nicht weniger als anbetungswürdig war. Von allen gastronomischen Restaurants, die wir im Verlaufe dieser Reise aufsuchten, war Figlmüllers Weinstube mit Abstand das teuerste. Aber mit noch weiterem Abstand auch das beste! Apropos Weinstube: Kleiner Fauxpas meinerseits: In der Weinstube nach einem Bier zu fragen, nachdem ich auf der Karte keines erspäht hatte. Leicht verschnupft wurde ich in feinstem Wiener Schnack darauf hingewiesen, dass es sich hierbei doch seit 1905 um eine Weinstube handele! Sapperlot, wie konnte ich nur! Tat dem rundherum positiven Gesamterlebnis aber überhaupt keinen Abbruch. Zumal die Weinsorten, die wir verköstigten (Grüner Veltliner und Wiener Riesling), uns auch sehr mundeten.

Außerdem bemerkenswert für Nerds wie den Autoren dieser Zeilen: die vielen, wunderbaren Comicshops, die sich quer über die Stadt verteilten und von denen wir einige angesteuert haben. Mehr nostalgische Gefühle zu wecken, ging nicht. Auf ganz wohlige Weise erinnerte ich mich an dieses Damals™, als ich in den frühen 2000ern mein ganzes Azubi-Gehalt in beutelweise bunte Heftchen investierte. Dass solche Shops, noch dazu in dieser Fülle, inmitten großer Einkaufszentren oder, wie hier, entlang von Haupteinkaufsmeilen bestehen können, erfüllt mein Comicherz wirklich mit großer Freude. Und ja, diese Läden sind genau diese vollgestopften Krambuden, die man sich vorstellt. Herrlich!

Tag 8: Wien → Magdeburg, 23.10.2025
Unser schnuckeliges kleines Appartement in Wien verließen wir gegen 9:30 Uhr. Es wartete auf uns erneut ein Spaziergang mit Sack und Pack (mittlerweile mochten wir gerne von Geschleppe reden), zurück zum Busbahnhof, um mit dem Flixbus die Route Wien → Prag → Dresden zu fahren. Noch ganz angetan davon, wie gut das auf der Hinfahrt geklappt hatte, waren wir überzeugt, dass die Rückreise sich ähnlich entspannt entwickeln würde. Zudem hatten wir geschmierte Stullen dabei, diversen Knabberkram sowie Tee und Wasser. Wir würden schon durchkommen, falls etwas sein sollte. Ihr ahnt es vielleicht schon: Die Rückreise war ungleich weniger easypeasy.
Obwohl der Bus sehr pünktlich in Wien gestartet war, entwickelte sich unterwegs aufgrund der Verkehrslage eine Verspätung in einem Umfang, die das Erreichen der ursprünglich geplanten Bimmelbahn unmöglich machte. Macht nüscht, einen Puffer hatten wir eingeplant, und wenn wir eine Stunde später wieder in Machdeburch sind, ist das ja auch noch okay. Ihr ahnt vielleicht auch das schon: Den Alternativ-Zug erreichten wir ebenfalls nicht.

An der Grenze zu Deutschland kam es zu Grenzkontrollen. Und tatsächlich befand sich eine Person an Bord des Busses, die auf die blitzbirnige Idee kam, mit abgelaufenen bzw. nicht gültigen bzw. nicht vorhandenen Ausweisdokumenten reisen zu wollen. Das sorgte dafür, dass die Kontrolle durch die Grenzpolizei alles in allem rund eine Stunde in Anspruch nahm. Immer wieder kam ein Polizist an, erkundigte sich nach diesem oder jenem bei der Person, die dem äußeren Anschein nach nicht den Eindruck erweckte, keine gültigen Papiere zu haben. Fancy Markenklamotten, teures Smartphone, teure Kopfhörer. Derart ausgestattet, hätte man eigentlich auch Papiere dabeihaben können. Eigentlich. Dem war nicht so. Zwar wurde immer wieder beteuert, die neuen Dokumente seien bereits beantragt, aber die in englischer Sprache aufgetischte Story (Zielort Amsterdam, aber die Familie wohnt bei Dresden usw.) kam irgendwann nicht nur uns seltsam vor. Nach rund einer Stunde bat die Polizei die Person, das Fahrzeug zu verlassen und mitzukommen. Was sie dann auch tat, und die Reise konnte weitergehen.
Künstlerpech: Trotz aller Verspätung hätten wir es beinahe geschafft, den avisierten Ausweichzug zu erreichen. Flinken Fußes sprinteten wir vom Busbahnhof zum Bahnsteig … nur um dann dem gerade abfahrenden Zug hinterherzuwinken. Wenn die Bahn einmaaaaal pünktlich ist, fährt sie direkt eine Minute zu früh ab. Die entscheidende Minute in unserem Fall. #nagut #istebenso
Wir haben dann entsprechend umdisponiert und sind direkt wieder nach Leipzig gefahren, um nicht allzu viel Zeit sinnlos auf einem Bahnhof zu verplempern. Zudem wäre ja in Leipzig auch dieses A&O Hostel, mit dem wir unlängst gute Erfahrungen gemacht hatten. Sicher ist sicher.
Um eine lange Geschichte an dieser Stelle abzukürzen: Wir haben durch diese Entscheidung alle von uns geplanten Züge erreicht. Das waren allerdings nicht die ursprünglichen Züge, sondern welche, die aus diesem oder jenen Grund verspätet waren. Hach, Deutsche Bahn … Letzten Endes waren wir kurz nach halb 1 Uhr morgens wieder in den eigenen vier Wänden. Müde, kaputt, aber mit mehr als nur einem Koffer voller großartiger Erinnerungen im Gepäck.
Fazit
Noch immer sortieren wir die vielen Eindrücke. Vier Städte innerhalb von nur sieben Tagen, insgesamt rund 140 Kilometer auf den Beinen, das ist schon ziemlich viel. Merken wir selbst. Für das nächste Mal nehmen wir uns vor, entweder jeweils noch einen Tag dranzuhängen und alles ein wenig zu strecken, oder aber vielleicht eine Station weniger anzusteuern.
Festzuhalten bleibt weiter: Mit dem Flixbus zu fahren, hat sich als grundsätzlich entspannte Variante erwiesen, kostengünstig von A nach B zu kommen. Im Gegensatz zur Bahn auch mit funktionierenden Toiletten. Und auch generell kann der Aufenthalt in den Städten günstiger ausgestaltet werden, als es bei uns der Fall war. Einerseits kann man dank günstiger Hotels und AirBNB-Angebote vergleichsweise kostenarm nächtigen, andererseits gibt es in beiden Städten sehr viele Möglichkeiten, via TooGoodToGo budgetfreundlich an Abendessen oder Frühstücksbrötchen für den kommenden Tag (oder was auch immer) zu kommen. Die Notwendigkeit, sich permanent in Restaurants zu verköstigen, besteht demnach nicht. Wir haben es dennoch getan und hatten letztlich für den gesamten Trip, inklusive aller Unterkünfte, Reisekosten und Ausgaben in Restaurants usw., eine Rechnung von rund 850 Euro pro Person auf dem Zettel stehen.

Da die Hauptreiseziele dieses Ausflugs Prag und Wien waren, klammere ich an dieser Stelle die ersten Stationen für die abschließenden Gedanken bewusst aus. Prag hat uns unterm Strich besser gefallen, obgleich es vermutlich keinen objektiven Grund dafür gab. Mit der fast schon obszessiv zu nennenden Glorifizierung des Bierkonsums, mit den unzähligen Cannabis-Shops und der in vielen Teilen verkehrsbefreiten oder beruhigten Innenstadt vermittelte uns die Stadt ein Gefühl von Easy Going. Es wirkte auf uns einfach entspannter, trotz der Tatsache, am Wochenende vor Ort gewesen zu sein und uns mit wahren Massen von Touristenströmen über die Karlsbrücke usw. geschoben zu haben. Wie gesagt, es ist subjektiv.

Wien hingegen vermittelte uns ein feingeistigeres Lebensgefühl. Wirkte dadurch aber auch auf eine nicht zu fassende Weise distanzierter. Uns kam Wien, deutlich größer und wesentlich mehr Einwohner als Prag aufweisend, wesentlich lauter, überlaufener, von Autos überfüllter und insgesamt viel mehr „mehr“ vor. Und das, obwohl dort ab 19 Uhr weitgehend die Bürgersteige ordnungsgemäß hochgeklappt wurden. Wir suchen noch nach den Gründen, warum wir hier nicht in gleichem Maße begeistert abgereist sind. Vielleicht hätte es schon gereicht, von einem Weinberg aus einen Blick auf die Stadt werfen zu können, so wie wir es von einem Prager Stadtpark beim tschechischen Pendant tun konnten. Vielleicht war es am Ende auch einfach zu viel Gesehenes in zu kurzer Zeit und wir sind einfach überreizt gewesen. Alles Spekulatius an dieser Stelle.

Was bleibt, sind tolle Erinnerungen, die wir aus beiden Städten mitgenommen haben und die uns schlussendlich dazu bringen, zu sagen: In die eine wie auch in die andere Stadt reisen wir gerne noch einmal. Gerne in einem ähnlichen Set-up wie dieses Mal, gerne dann aber mit jeweils ein bis zwei Tagen mehr Zeit. Sehenswert sind beide Städte, viele Möglichkeiten zur Entdeckung gibt es ebenfalls hier wie da. Und mit Bus und Bahn kann man grundsätzlich die Ecken rings um unsere Landesgrenzen herum prima entdecken, auch wenn manches derzeit vielleicht zähneknirschend hingenommen werden muss. Looking at you, Deutsche Bahn. Schlussendlich würden wir einen solchen Städtetrip sehr zur Nachahmung empfehlen.
