Das Leben von Bruce Wayne, wie es hätte sein können: Batman – Dark Age
© Panini Comics

Das Leben von Bruce Wayne, wie es hätte sein können: Batman – Dark Age

Zwar gibt es immer mal wieder Geschichten, in denen die Helden unserer Comics in verschiedenen … nun, nennen wir es „Reifestufen“ gezeigt werden. Entweder macht man einen Schlenker zurück in die Vergangenheit und bekommt einen Schwank aus deren Jugend erzählt. Oder, wie beispielsweise in Spider-Man: Reign, einen großen Schritt nach vorn und präsentiert sie als gealterte Menschen. Aber dennoch sind die Abenteuer stets zeitlos und nur selten an die realen Ereignisse der Zeitgeschichte gekoppelt. Wenn überhaupt, dann sind das allermeist Einzelbände, die in Rückblenden erzählen, wie sich etwa der Punisher durch den Dschungel Vietnams geballert hat. Dennoch ist das Gefühl verstreichender Zeit nur selten gegeben. Superheldencomics sind zeitlos, die Handlung und die Figuren entsprechen fast immer dem jeweiligen Zeitgeist. Das muss auch so sein, schließlich wäre ein Comic mit einem mehr als 80 Jahre alten Batman sehr wahrscheinlich nicht mehr allzu dynamisch. Und doch lässt sich Leben und Wirken des Mitternachtsdetektivs, um beim Beispiel zu bleiben, auf höchst brillante und unterhaltsame Weise mit dem Verstreichen echter Zeit synchronisieren. Batman – Dark Age von Autor Mark Russell und Zeichner Mike Allred liefert den Beweis dafür.

Die in sich geschlossene Miniserie, die Panini Comics hier in einem Band serviert und die es auf mehr als 260 Seiten Umfang bringt, wirft einen ganz neuen, ganz frischen Blick auf Batmans Werdegang. Wer nun aufstöhnt und denkt: „Och nö, nicht noch eine Origin Story!“, hat insofern recht: Es ist eine Origin Story, aber gleichzeitig ist es so viel mehr. Es ist quasi eine Biografie, eine Niederschrift des eigenen Lebens aus der Feder des inzwischen sehr alt gewordenen Bruce Waynes. Die Handlung beginnt im Gotham City des Jahres 2030 und die Ex-Fledermaus ist Bewohner eines Seniorenheims der eigenen Company. Im fortgeschrittenen Alter machen Bruce Wayne zunehmende Erinnerungsprobleme, die fortschreitende Demenz, zu schaffen. Um seinen Kopf fit zu halten und auch dem unwiderruflichen Verlust vorzubeugen, soll er in ein Tagebuch schreiben, woran er sich eben noch so erinnern kann. Und Bruce beginnt zu schreiben.

Er fängt an mit dem Jahr 1957; jenem Jahr also, in dem seine Eltern nach einem Kinobesuch ermordet wurden. Täter waren Mitglieder der False Face Society, die Gothams Unterwelt fest im Griff hat. Hier weicht die Handlung von der bisher bekannten Erzählung ab, und nicht nur da: Auch war der junge Bruce Wayne nicht nur nicht Zeuge der Tat, sondern bekam es in der Folge immer mal wieder mit dem Gesetz zu tun. Der junge Wayne wurde nicht nur nicht CEO seiner geerbten Firma, er wurde sogar zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verknackt, die aber dadurch verkürzt wurde, dass er im Jahre 1966 als Soldat an die Front im Vietnamkrieg geschickt wurde.

In der Hitze des vietnamesischen Dschungelkrieges machte der junge Wayne Bekanntschaft mit einem Colonel namens Ra’s al Ghul, der ihm viel über das Kämpfen in den Schatten beibrachte. Nach seiner Rückkehr nach Gotham City hatte sich die Welt verändert, war bunter, lebhafter und schriller geworden. In Lucius Fox fand Bruce Wayne einen Verbündeten bei Wayne Enterprises, der ihm allerhand technischer Spielzeuge verschaffte. Und einen Anzug. Und so nahm Bruce Wayne den Kampf gegen die False Face Society auf, die inzwischen einen eigenen CEO bei Wayne Enterprises installiert hatte und die Firma somit auf beiden Seiten von Gut und Böse die Geschehnisse in Gotham kontrollierte. Im Jahr 1977 lernte Batman dann auch Superman kennen, von dem er in Radioübertragungen während seiner Zeit im Dschungelkrieg gehört hatte, und von dem er ein paar ganz wesentliche und sehr wertvolle Lektionen lernte …

Um direkt mit der Türe ins Haus zu fallen: Was für ein toller Comic, was für eine hochgradig unterhaltsame Neuinterpretation der Batman-History! Diese Elseworld-Biografie, so nenne ich sie jetzt mal, hat viele spannende, interessante und vor allem glaubwürdige Ideen am Start, die das Leben Bruce Waynes erzählen, wie es hätte verlaufen sein können, wäre es stets an den realen Ablauf der Zeit und der damit einhergehenden, zeitgeschichtlichen Ereignisse verknüpft gewesen. Ich weiß gar nicht, wo ich vor lauter Entzückung anfangen soll mit meiner Lobhudelei! Vielleicht daran, dass Wayne Enterprises nach dem Mord an Thomas Wayne quasi gleichzeitig für Gedeih und Verderb und Gotham City ganz maßgeblich verantwortlich war? Dass Bruce Wayne dieses Mal nicht als Kind Zeuge des Verbrechens wurde, dafür im Teenager-Alter aber selbst immer mal wieder mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist? Dass seine Kampfkünste zwar auch hier von Ra’s al Ghul ausgebildet wurden, dies aber hier im Kontext des Vietnamkrieges geschah? Dass Figuren wie der Joker auf überzeugende Weise ebenfalls neu interpretiert wurden? So ist beispielsweise in anderen Comics der Clownprinz des Verbrechens hier ein gescheiterter Stand-up-Comedian, der gar nicht den Anspruch hat, die Leute zum Lachen bringen zu wollen. Nur endlich mal gesehen werden, das möchte er.

Autor Mark Rusell hat in seine Version der Batman-Historie immer mal wieder Dinge einfließen lassen, die spürbar von anderen Werken des DC-Universums inspiriert wurden. So erinnert die Ausbildung Bruce Waynes durch Ra’s al Ghul durchaus ein klein wenig an Batman Begins, nur dass wir uns eben in Vietnam und nicht mehr in den Bergen Tibets befinden. Oder der Joker wirkt sehr wie die Version, für dessen Darstellung Joaquin Phoenix dereinst sehr verdient den Oscar kassierte.

Dazu passen die an die 60er-Jahre-Fernsehserie erinnernden Zeichnungen von Mike Allred wie die Faust aufs Auge. Dass sie an besagte TV-Sendung mit Adam West in der Rolle des maskierten Rächers erinnern (ich denke da beispielsweise an die Polizisten mit ihren breiten, eckigen Hutkrempen), kommt nicht von ungefähr. Allred hat schließlich Batman ’66 in der Vita, eine Fortsetzung besagter Serie in Comic-Form.

Abschließend: Batman – Dark Age ist ein großartiges Lesevergnügen und ein Pflichtkauf für alle Fans des Mitternachtsdetektivs. Vor allem und ganz besonders dann, wenn sie ihren Helden in einer glaubhaften, der realen Entwicklung der Zeit angesiedelten Story erleben möchten, in der die Dinge ganz oft eben nicht so schwarz und weiß sind, wie man es bisher vielleicht kannte. Beide Daumen ganz weit nach oben!

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Roman Jasiek

Magdeburg, Germany
Hi, ich bin Roman! Ich bin ein Kind der 80er und schreibe seit Ende der 1990er-Jahre Dinge ins Internetz. Mein Herz schlägt für Musik, Comics, Collectibles, Essen, Reisen, Wandern und meine Lieblingsmenschen. Ich lebe und arbeite in Magdeburg.