Und wieder bin ich über eine Kommentarspalte in einen Kaninchenbau gefallen. Bin hängengeblieben, habe mich festgelesen und beschlossen, zu dem Thema auch meinen Senf dazuzugeben. Worum geht es? Um die Frage: Was nervt mich am Bloggen? Ich nehme den Beitrag von Sayuchan alias Sabrina drüben auf Lilienmeer zum Anlass, diese Frage ebenfalls fernschriftlich tieferzulegen.
Wenn so ein Blog in die Welt entlassen wurde, dann sieht niemand die Arbeit, die dahintersteckt. Wer nicht ebenfalls mit der Materie beschäftigt ist, ahnt nicht, welche Fallstricke an allen Ecken und Enden lauern. Ich schreibe seit Ende der 1990er-Jahre Dinge ins Internet; vom Begriff Bloggen hatte man damals noch nichts gehört, wohl aber von Boris Becker, der sich fragte, ob er jetzt schon drin sei, oder was? In den Jahren seit der ersten Website, damals noch bei Tripod gehostet (gibt es schon lange nicht mehr), bis heute gab es viele größere und kleinere Ärgernisse zu überwinden. Eine Auswahl.
Rechtliche Vorgaben und die daraus resultierenden Fallstricke
Es gab schon Zeiten, da dachte ich: Okay, jetzt reicht’s, ich hab’ keinen Bock mehr! Immer neue Dinge (lies: rechtliche Vorgaben) wurden in die Welt ges…etzt, und nicht selten fühlte es sich wie Gängelei an, um die kleinen, unabhängigen Publisher aus dem Netz zu kicken. Auf dass sich große Konzerne wie Meta, Google und Co. diese im Grundsatz tolle Erfindung untereinander aufteilen.
Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll aufzuzählen, was mir zunächst Kopfschmerzen und anschließend graue Haare bereitet hat! War es die Einführung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und des ganzen Regelwerks, das damit einherging? Die zwingend vorgeschriebene Cookie-Banner-Lösung, sobald Drittinhalte (wie YouTube-Videos) eingebettet werden? Und überhaupt Einbettung: Erinnert sich noch jemand an das Drama mit den Google Fonts? Auch eine tolle Sache! Für seinen Blog eine fancy Schriftart, die Google kostenfrei zur Verfügung stellt, auswählen und einbinden, und schon erstrahlt der Blog mit wunderschöner Typografie. Ist geil, leider nicht zulässig. Wer Google Fonts nutzen möchte, und das rechtssicher, muss den Umweg gehen und sie lokal in die eigene Webpräsenz einbauen. Etwas, weswegen Laien sicher das Handtuch geworfen haben. Sofern sie sich überhaupt mit dem Thema Datenschutz auseinandergesetzt haben.
Egal, ob DSGVO, das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), Cookie-Banner oder was weiß ich: Möglichkeiten, an den Nerven zu sägen, gab es in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten, seit ich angefangen habe, genug. Ich will nicht das Fass aufmachen und über Sinn oder Unsinn dieser oder jener Maßnahme diskutieren. Ziemlich schlaue Menschen werden da sicher (hoffentlich?) lange genug jede Menge Hirnschmalz investiert haben. Aber da dies hier in gewisser Weise ein Rant ist und die Frage war, was mich nervt: Jau, das nervt mich ziemlich massiv. Ich muss mich mit Dingen beschäftigen, die mir nur noch mehr von meiner immer knapper werdenen Zeit abzwacken. Zumal auch stets die Angst mitfährt, irgendwas übersehen oder unbewusst/ungewollt nicht korrekt umgesetzt zu haben. (Dass manche Regeln erst ab einer gewissen Größe greifen, klammere ich hier bewusst außen vor. Wie gesagt, es ist ein Rant und als solcher in Teilen mit Wonne hochgejazzt.)
Was mir auch tierisch auf den Keks geht: die Pflichtangaben im Impressum. In Zeiten, in denen wütende Trolle sich im Internet zusammenraufen, um gegen Personen ins Feld zu ziehen – teilweise lebensbedrohlich! – ist das eine mehr als fragwürdige Überlegung des Gesetzgebers. Kein Wunder, dass Anbieter ladungsfähiger Adressen wie Pilze aus dem Boden schießen.
Zeitmangel
Ich gebe zu, es ist ein Luxusproblem, und eigentlich ist es auch schön, dass es so ist. Aber: Ich habe immer weniger Zeit, um mich all den Anfragen, Themenvorschlägen, Promos usw. usf. auseinanderzusetzen, die mich tagein, tagaus erreichen. Ich wünschte, ich hätte die Zeit, mich mit alledem angemessen auseinanderzusetzen. Theoretisch würde es reichen, dass ich daraus einen Fulltime Job mache. Von morgens um 8 bis abends um 20 Uhr könnte ich damit den Tag füllen und hätte dennoch nur einen Bruchteil dessen geschafft, was so reinkommt. Hier nervt mich also nicht die Tatsache, dass es so viel ist, sondern der Umstand, so wenig Zeit zu haben. Vor allem, weil neben Kind und Familie ja auch noch diese Lohnerwerbstätigkeit auf dem Tagesplan steht. Vom Bloggen leben können nur die wenigsten. Wenn es gut läuft, hat man wenigstens keine Kosten. Ich zahle drauf.
Um die rein redaktionell investierte Zeit mal an einem einfachen Beispiel zu verdeutlichen, nehme ich eine Comic Review. Für das Lesen eines Comics brauche ich meist eine gute Stunde, je nach Umfang kann das schneller gehen, kann aber auch länger dauern. Dann kommt der Punkt des Schreibens. Auch hier: Pi mal Auge eine Stunde. Wenn es lange Artikel sind, dann dementsprechend auch mehr, logisch. An dem Text zur Kreuzfahrt 2016 habe ich 12 Stunden am Stück geschrieben. Nicht inkludiert sind die anschließende Bildauswahl, die Texte unter den Bildern, die Textformatierung und was noch so dazu gehört. Für diese Dinge, die ich mal unter dem Begriff „Veröffentlichung“ zusammenfasse (Bespielen von Social Media inklusive): eine Stunde.
Das heißt also: durchschnittlich drei Stunden für einen Artikel. Daneben dieses real life, von dem immer alle reden. Mit Job, mit Kind, mit der Liebsten, gelegentlich auch mal Freunde. Es überrascht also nicht, dass immer mehr Zeit für die Bloggerei fehlt. Alles gut, alles schön, alles richtig und alles wichtig. Aber manchmal nervt es mich eben auch, dass nicht mehr drin ist.
Text- und Bilderklau
Es hat nachgelassen, aber noch in den Jahren von 2000 bis 2010 ist es immer wieder vorgekommen, dass ich meine Texte in Rezensionen auf Amazon oder in Produktbeschreibungen von eBay-Auktionen wiedergefunden habe. Mal abgesehen davon, dass das ein Verstoß gegen das Urheberrecht ist, der durchaus ins Geld gehen kann, wenn man das verfolgt, ist es auch einfach uncool. Da haben sich irgendwelche Fraggles mit meinen Federn geschmückt, um sich ein paar Taler zu verdienen. Heute leben wir in einer Welt, in der windige Firmen ihre KI auf Texte, Websites, Bücher usw. loslassen, um sie zu trainieren. Ungefragt, aber auch aus der Intention heraus, damit Kohle zu scheffeln. Nicht weniger cool als die Textdiebe anno dazumal. Aber auch hier ist dagegen angehen zu wollen wie ein Kampf mit Windmühlen. Ich will Content liefern und mich nicht mit Dingen abmühen, die ich eh nicht ändern kann.
Ich
Manchmal bin der größte Nervfaktor ich selbst. Völlig überraschend gibt es Tage, an denen ich tatsächlich Zeit hätte, in größerem Umfang irgendwas für den Blog zu tun. Und dann komme ich mit dem Hintern nicht hoch. Vielleicht, weil mir gerade nichts einfällt; vielleicht, weil die Motivation fehlt; vielleicht, weil mich der Alltag zu sehr in Beschlag nimmt, so dass ich froh bin, wenn ich mal bisschen Leerlauf habe. Wenn diese Tage ungenutzt verstrichen sind, bin ich sehr genervt - von mir. Es nervt mich auch, dass in der Phase des Probierens, die ja im Prinzip nie vorbei ist, diverse Blogs gekommen und gegangen sind und dadurch eine Vielzahl von Texten auf Nimmerwiedersehen im digitalen Nirwana verschwunden sind. Sie wären es nicht, hätte ich nicht immer mal wieder etwas Neues probiert. Natürlich gehören Probieren und Lernen zum Bloggerleben dazu. Nervt mich aber trotzdem! Es könnten hier inzwischen tausende Texte zur Verfügung stehen. Tja. That’s life, schätze ich. Ich merke aber, dass ich mit diesem Blogbaby hier die Schleife zurück zu den allerersten Anfängen geschlossen habe. Vielleicht ist das jetzt ja mal gekommen, um zu bleiben.
So. Fertig mit der Nerverei. In der nächsten Betrachtung des Bloggerlebens werfe ich einen Blick auf die schönen Seiten: Was ich daran liebe. Und warum ich das inzwischen seit mehr als einem Vierteljahrhundert mache und das Ende noch immer nicht in Sicht ist. Dazu dann morgen mehr.